Um unser jeweiliges Erleben sehr wirksam zu verändern, brauchen wir nicht erst lange herauszufinden, „warum“ wir das Bisherige erlebt haben, auch nicht „woher es kommt“, wir brauchen es auch nicht noch einmal emotional zu „durchleben“ oder es „durchzuarbeiten“. Wir müssen einfach nur eine andere Art der Aufmerksamkeitsfokussierung gestalten, und sofort reagieren unser Körper und unsere Seele darauf – dies ist äußerst wirksam, und sei unser Erleben vorher z. B. noch so angstvoll oder deprimiert gewesen sein.

Dr. Gunther Schmidt

Der Hypnosystemische Ansatz verbindet hypnotherapeutische Elemente (nach Milton H. Erickson) und systemische Konzepte. Dr. Gunther Schmidt verband diese beiden erfolgreichen therapeutischen Herangehensweisen zu einer besonders hilfreichen Grundhaltung und einem wirkungsvollem Methodenrepertoire. Dieses ganzheitlich und lösungsfokussierende Modell versteht jeden Menschen als kompetenten Experten für die eigenen Themen und Bedürfnisse. Nach diesem Verständnis ist es weniger das Problem selbst, das zu belastenden Symptomen führt, sondern vielmehr die Gestaltung der inneren Beziehung zu diesem leidvollen Erleben. Das impliziert, dass nun nicht mehr nur der äußere Kontext im therapeutischen Prozess berücksichtigt wird, sondern auch die Beziehungsgestaltung unserer inneren Anteile eine wesentlich Rolle spielt.

Häufig sind wir uns dessen nicht bewusst, welche inneren Dialoge in uns ablaufen oder welche Fühl,- Denk,- und Verhaltensmuster ganz automatisiert unser Erleben beeinflussen. Genau diese inneren Prozesse spielen jedoch eine wesentliche Rolle wenn ein Problemerleben dominiert und uns belastet.

Probleme werden in der Hypnosystemik als Diskrepanz zwischen dem aktuellen Wirklichkeitserleben (IST) und dem gewünschten Zukunftserleben (SOLL) verstanden. Diese Diskrepanz wird mit Bewältigungsstrategien beantwortet, die das Problemerleben nicht nur aufrechterhält sondern häufig noch verstärkt. Meist werden solche Bewältigungsstrategien genutzt, die einem vertraut sind und die man im Laufe seines Lebens gelernt hat. Solche Lösungsversuche waren möglicherweise in einem anderen Kontext oder früheren Lebenssituationen nützlich und hilfreich. Durch veränderte Rahmenbedingungen benötigen wir neue, kontextangepasste Lösungsstrategien, die zu Mustern des Gelingens werden können.

Durch konsequente Aufmerksamkeitsfokussierung auf Ressourcen und bereits vorhandene Kompetenzen wird mit hypnosystemischen Interventionen darin unterstützt, von der Problemtrance immer mehr in eine Lösungstrance zu wechseln. Dabei wird das natürliche und spontan auftretende Tranceerleben genutzt und weniger die formale Induktion tiefer Tranceprozesse. Ziel einer hypnosystemischen Therapie oder Beratung ist es, das Selbstwirksamkeitserleben der Klient_innen so zu fördern, dass neue Wahrnehmungs- und Handlungsspielräume sichtbar und nutzbar werden.

Effektive hypnosystemische Strategien

Symptome oder Problemerleben können als kompetentes Feedback des Organismus auf aktuelle Bedürfnisse verstanden und utilisiert werden. Man könnte sie auch als „Botschafter von Bedürfnissen“ übersetzen. Um zu verstehen, welchen Mangel oder welche Bedürfnisse durch das Problemerleben angezeigt werden, ist es hilfreich eine achtungsvolle und empathische Haltung den Symptomen gegenüber aufzubauen. Eine solche kooperative Beziehung macht es möglich, die notwendige „Übersetzungsarbeit“ zu leisten und besser zu verstehen, wofür sich bestimmte Symptome melden. Um so eine Haltung etablieren und aktivieren zu können, wird im ersten Schritt eine geschützte und anteilnehmende Beobachter-Haltung (Steuerposition, Metaebene) aufgebaut. Aus dieser kraftvolleren Position heraus kann das Symptomerleben auf Abstand gebracht, betrachtet und beschrieben werden. Aus dieser Perspektive heraus wird es leichter Ressourcen und Kompetenzen zu aktivieren, die zu einem gewünschten Erleben führen können. So kann auch verstehbar werden, warum es hilfreicher ist, sich den eigenen Symptomen mitfühlend und verständnisvoll zuzuwenden, anstatt der Idee verhaftet zu bleiben, die Symptome „wegzumachen“. Am wirkungsvollsten sind hypnosystemische Interventionen dann, wenn sie auch mit den begleitenden Prozessen auf körperlicher Ebene (Körperkoordination, Mimik, Gestik) und allen beteiligten Sinneskanälen verbunden werden.


Erleben ist das Ergebnis von Aufmerksamkeitsfokussierung.

Dr. Gunther Schmidt